Für eine bessere Welt durch bessere Arbeit

Triff keine wichtigen Entscheidungen im Meeting!

Lesedauer ca. 6 Minuten

Kennst Du das?

„Ich hab da nen Punkt, wir müssen was entscheiden. Lasst uns ein Meeting aufsetzen!“

Und dann geht’s los:

  1. Terminfindung: Eine Katastrophe weil keiner Zeit hat!
  2. Drei Wochen später erstes Meeting: Wieder Katastrophe, weil der eine zu spät kommt (er hatte ein Meeting vorher) und die andere früher weg muss (sie hat ein Meeting im Anschluss). Ach, und Paul (der Experte, der sich am besten mit dem Thema auskennt) kann gar nicht, weil krank, im Urlaub…
  3. Nächster Termin angesetzt.
  4. Leider zu kurz. Es kamen doch noch Punkte hoch, die keine Entscheidung zuließen…
  5. Wieder neuer Termin (inzwischen sind 8 Wochen um)
  6. Endlich haben sich zwei vorbereitet. Und die sprechen dann auch die ganze Zeit ihre Details durch. 5 Leute sitzen eine Stunde daneben und fragen sich, warum sie dabei sind…
  7. Mittlerweile hat sich die Ausgangslage geändert. Komisch, warum bleibt die Welt nicht stehen, während wir entscheiden?

Ist das überzeichnet oder Realität in Deinem Arbeitsalltag?

Gruppenentscheidungen ≠ Meeting

Meetings oder auf Deutsch Besprechungen sind dazu da sich zu besprechen. Sie sind hervorragend für Kreativität geeignet, das sogenannte Brainstorming, bei dem die Aussagen des einen den anderen inspirieren. Es geht um einen Diskurs über ein Thema und oft ist dieser Diskurs an sich schon wertvoll.

Aber für Entscheidungen ist so ein Treffen eigentlich nicht gedacht. Schon gar nicht für wichtige, die viele Kollegen oder gar die ganze Firma betreffen.

Es gibt mehrere Gründe.

Einer ist, weil in einem Meeting Persönlichkeiten sitzen. Und das bedeutet, dass es extrovertiertere Kollegen gibt und eben welche, die eher still sind. Oder welche, die rhetorisch stark sind und andere, die es nicht sind. Die einen sind detailverliebt, die anderen denken ans Große Ganze. Natürlich findet da Beeinflussung statt und natürlich wird das am Ende keine ausgewogene und von allen gleichermaßen durchdachte Entscheidung werden. Das gilt auch für virtuelle Meetings per Videokonferenz – vielleicht sogar noch mehr, weil man sich einfacher zurückziehen kann!

Ein anderer Grund ist, dass in den Meetings oft Teilnehmer sitzen, unter denen ungleiche Machtverhältnisse herrschen. Das mag formelle oder informelle Macht sein – egal. Es gibt dann eben auch Teilnehmer, die ihre eigenen Aussagen überdenken im Hinblick darauf, was die Machtinhaber davon halten. Das mag direkt disziplinarische Verantwortung für Personal sein, es kann aber auch eine Sachhoheit sein: bspw. wenn der CFO mit „seinem“ Budget am Tisch sitzt und man weiß, dass er einen in der nächsten Runde nicht mit Geld bedenken wird, wenn man jetzt für oder gegen das aktuelle Thema argumentiert.

Ein weiterer – ziemlich offensichtlicher – Grund ist, dass man über solche wichtigen Entscheidungen einfach etwas in Ruhe nachdenken muss. Und das geht nicht, wenn ständig ein anderer seine Überlegungen ausbreitet. Das Meeting ist wie gesagt zum Anregen und Besprechen da, nicht zum Nachdenken.

Meetings sind gut für

  1. das Setting einer Entscheidung,
  2. als Input/Brainstorming für eine Entscheidung und
  3. auch am Ende des Entscheidungsprozesses zur Bekräftigung des Ergebnisses und Aufruf/Kickoff zur Umsetzung.

Aber eben nicht für den Entscheidungsprozess selbst.

Hier sollte jedem Teilnehmer ausreichend Zeit gegeben werden, seine Gedanken zu ordnen und zu artikulieren.

Deshalb haben wir für den Entscheidungsprozess eine App gebaut: DAD – Decisions About Decision.

Verteilter, asynchroner Entscheidungsprozess

Das oben dargestellte Beispiel würde mit DAD so ablaufen:

  1. Man formuliert das Thema, also die Entscheidung und seinen Kontext – und ja, wenn es sehr viel Unsicherheit gibt, dann kann man das, worum es geht, und welche Entscheidung getroffen werden soll und welche nicht (Der Frame, oder das Setting,…), auch in einem Meeting besprechen, um sicher zu gehen, dass alle das gleiche Verständnis haben. Ein einfaches Beispiel (für das es sicher keinen Setting Call braucht) ist die Frage „Was wollen wir für die Weihnachtsfeier machen?“ – durch diese Beschreibung des Themas, sollte hoffentlich jedem klar sein, dass es nicht ums Osterfest geht.
  2. Man setzt einen Zeitraum fest, in dem Vorschläge erarbeitet werden können und kommuniziert den. So kommt Struktur rein und jeder weiß woran er ist. Die Teilnehmer werden automatisch vom Tool per Email informiert und es versendet auch Benachrichtigungen bei Updates zur Entscheidung und Reminder.
    Mal angenommen man setzt einen Zeitraum von 4 Wochen an (das wäre schon mal doppelt so schnell wie im obigen Beispiel) – das sind 20 Arbeitstage. Jetzt kann sich innerhalb dieser Zeit jeder so einbringen wie und wann er will und kann. Wenn ich in der Zeit Meetings veranstaltet hätte im Gesamtumfang von 8 Stunden (!), dann sind das im Verhältnis zu 20 Tagen 1/20 oder 5% der veranschlagten Gesamtzeit. Das bedeutet, ich verlange den Teilnehmern ab, dass sie 5% ihrer Zeit so priorisieren, dass sie beitragen können. Wer das nicht tut, hat schlicht kein Interesse an der Entscheidung oder kann einfach nichts beitragen. Ist auch ok. Und selbst für denjenigen ist die Entscheidung dann aber transparent, weil er sie jederzeit in DAD nachschauen kann. Die komplette Genese – alle Argumente und eben auch das Ergebnis. Aber das noch wichtigere ist: Er kann sich jetzt wirklich 8 Stunden mit dem Thema beschäftigen, weil er nicht gezwungen wird, das genau zu den Zeiten zu machen, in denen auch alle anderen Zeit haben und nicht in einem Setting, das suboptimal ist (s.o.).
  3. Man lässt den Teilnehmern Zeit die einzelnen Vorschläge zu sichten und zu bewerten. Es ist eine gute Praxis der eigentlichen Wahl immer eine Pause vorangehen zu lassen, so dass alle Alternativen fest und sichtbar sind. Und dann bewertet jeder die Vorschläge auf einer Skala (das ist eine sogenannte Bewertungswahl. Warum die nun besser ist als die sogenannten Rangwahlverfahren ist ein eigenes Thema…).
  4. Man hat eine faire, echte Gruppenentscheidung, die wirklich die Präferenzen aller Teilnehmer aggregiert. Und nicht eine, wo sich wieder die Lautesten durchsetzen konnten. Und man hat jede Menge Meetingzeit gespart!

Nachwort

Dieser Artikel beschäftigt sich hauptsächlich mit Modul 2 von DAD – wie man leicht vermuten kann, gibt es auch ein Modul 1 ! 🙂

Hier geht’s zur Übersicht der beiden Module.


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