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Nutzerzentrierung im agilen Manifest

Lesedauer ca. 4 Minuten

Spricht das agile Manifest von Kunden- oder von Nutzerzentrierung?
In meinem letzten Vortrag über die agilen Prinzipien und deren Praktiken kam eine Frage aus dem Publikum, die mich auch im Anschluss beschäftigt hat:
„Wer ist denn eigentlich im ersten Prinzip mit Customer gemeint?“. Meine erste Reaktion war Verwunderung: natürlich ist der Kunde gemeint, wer denn sonst?! Nach längerem Nachdenken kam mir allerdings eine entscheidende Anschlussfrage: Wer ist der „Kunde“? Die Person, welche mein Produkt kauft oder die, welche es benutzt?

Kunde != Nutzer

In den Prinzipien des agilen Manifests wird die Frage indirekt beantwortet: es wird zwischen den Begriffen Kunde/Auftraggeber (Prinzipien #1 & #8) und Benutzer (Prinzip #8) unterschieden:

Der Kunde/Auftraggeber kann hierbei als die zahlende Person interpretiert werden: ob diese nun für das Produkt oder die Erstellung des Produktes zahlt, ist nicht klar. Hier bleibt das agile Manifest eine Antwort schuldig. Aus Prinzip #2 könnte aber durchaus letzteres geschlossen werden („[…] Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.“). Dies ist in sofern relevant, als dass mit dem finanziellen Interesse an diese Stelle häufig die Rolle des Investors bzw. des Stakeholders definiert wird und dieser in der Regel einen Abstand zum eigentlichen Produkt besitzt.

Benutzer*innen hingegen sind die Personen, die das entwickelte Produkt tatsächlich (ge)brauchen bzw. eben nutzen. Aufgrund ihrer Nähe zum Produkt haben sie ebenfalls ein großes Interesse an dem Produkt, was aber weniger an Zahlen und zu erzielende Gewinne, sondern an weicheren Faktoren wie Benutzbarkeit und Zweck geknüpft ist.

Sind Nutzer*innen irrelevant?

Wenn man also mit diesem Blick in das agile Manifest schaut, so scheint es hier primär um Kundenzentrierung zu gehen: Lasst uns Produkte auf eine Art und Weise entwickeln, die dem Kunden einen Vorteil liefert, der sich am Ende in einem höheren Umsatz äußert.
Dies ist aber selten der primäre Antrieb von agilen Teams in meiner Erfahrung: Hier geht es um Nutzerzentrierung: Produkte so ausliefern, dass sie einen größtmöglichen Nutzen für ihre User bringt. Das schweißt häufig eher zusammen als Geschäfts-Kennzahlen. Das schöne hierbei: Das eine schließt das andere nicht aus. Die Wahrscheinlichkeit eines höheren Umsatzes steigt wenn die Nutzer*innen einen Wert für sich in dem ausgelieferten Produkt sehen.

Bei einem Fokus auf Customer Centricity innerhalb des Produktentwicklungsteams ist dies aber nicht zwingend gegeben: Wenn ich bspw. viel Werbung in mein Produkt für andere meiner Produkte integriere, muss das keinen direkten Wert für die Nutzer*innen haben und kann im schlimmsten Fall sogar dazu führen, dass diese abspringen und dadurch mein Umsatz sinkt.

Integrativ, nicht exklusiv

Natürlich ist die Welt nicht schwarz und weiß: auch gut gemeinte Features mit einer Value Proposition können sich im Nachhinein als Flop und schädlich für den Kunden herausstellen. Der Punkt hierbei ist aus meiner Sicht, beides (sowohl Nutzerzentrierung als auch Kundenzentrierung) zu betrachten und gemeinsam mittels verschiedener Verfahren zu integrieren. Es ist nicht effektiv, alle in unterschiedliche Richtungen laufen. Alignment ist hier aus meiner Sicht entscheiden, um ein Produkt erfolgreich zu machen, sowohl aus der einen als auch aus der anderen Sicht.

Obwohl das agile Manifest und viele Firmen im Allgemein sich sehr auf Kundenzentrierung in der Entwicklung mit agilen Praktiken fokussieren, würde ich mir gerade hier ein bisschen mehr Nutzerzentrierung wünschen, da hier zum einen häufig gemeinsame Anliegen in agilen Teams identifiziert werden können (z.B.: wir entwickeln Produkte, mit denen Inklusion vorangetrieben werden kann) und dies auch einen positiven Impact auf die Kennzahlen von Kundenzentrierung hat. Der Trick hierbei ist nicht beides exklusiv zu nutzen bzw. zu betrachten, sondern Wünsche und Anforderungen abzuwägen und das Beste für die gemeinsamen Ziele zu entscheiden.

Wenn Sie nun Interesse haben und bspw. wissen möchten, wie man potenziell Nutzer*innen besser in einen Produktentwicklungsprozess einbinden kann oder wie man kundenzentrierte Ziele mit Nutzerzentrierung besser alignen könnte, buchen Sie doch gerne eine ViKo bei mir.


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